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Bei Hexenschuss: Bloß nicht schonen!

Wer viel sitzt und nicht für Ausgleich durch Bewegung sorgt, ist ein möglicher Kandidat für einen Hexenschuss (Lumbago). «Der klassische Hexenschuss mit Beschwerden in der Lendenwirbelsäule ist vor allem ein muskuläres Problem, das durch mangelnde oder falsche Bewegung entsteht», sagt der Aachener Orthopäde Nils Lynen gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. Der Rücken wird einseitig belastet, wenn sich dann das Kreuzbein verhakt oder ein Wirbel verrutscht, kommt es zum Hexenschuss. Fatal für den Rücken sei vor allem ständiges Sitzen, denn werde die tiefliegende Rückenmuskulatur nicht gefordert, sei sie irgendwann geschwächt. Nach Angaben der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin nehmen allein 17 Millionen Deutsche täglich viele Stunden im Büro Platz.

 

«Oft führt dann eine unglückliche Bewegung zu einem Hexenschuss», erklärt Ramin Nazemi, Facharzt für Orthopädie, Chirotherapie und Sportmedizin in Essen. «Treffen kann es aber auch Sportler», betont Lynen. Diesen drohe ein Hexenschuss zum Beispiel, wenn sie vor dem Training die Muskeln nicht ausreichend gedehnt haben.

 

Bei einem Hexenschuss verkrampft sich die Rückenmuskulatur in der Lendenwirbelsäule. Da sich dort viele Nervenfasern befinden, ist das Schmerzempfinden groß. Gegen die akuten Schmerzen helfen Tabletten. «Sie sind teils ohne Rezept erhältlich», sagt Ursula Sellerberg von der Bundesapothekerkammer in Berlin. Um unliebsame Nebenwirkungen zu vermeiden, sollte man sich genau an die im Beipackzettel angegebene Dosis-Empfehlung halten. «Sind die Beschwerden nach drei Tagen nicht abgeklungen, sollte ein Arzt aufgesucht werden», so Sellerberg.

 

Von der weit verbreiteten Empfehlung, im akuten Fall Kopf und Rücken gerade etwa auf den Boden sowie Knie und Unterschenkel auf einen Hocker zu legen, rät Michael Preibsch vom Deutschen Verband für Physiotherapie ab. «Diese sogenannte Stufenlagerung trägt nicht dazu bei, dass sich die Muskelblockade löst.»

 

Für Entspannung sorge dagegen Wärme. Rotlicht dringt nach Angaben von Nazemi tief in das Muskelgewebe ein und löst die Verkrampfung. Die Wärme aus einer Wärmeflasche hingegen reiche nicht weit genug in die Muskeln hinein. Die Rotlicht-Bestrahlung solle aber nicht länger als fünf Minuten dauern. «Wird die Körperpartie überwärmt, dann kann dies die Verspannungen vertiefen», warnt Nazemi.

 

Selbst in der akuten Schmerzphase ist nach Angaben von Experten von strenger Bettruhe und Schonung abzusehen. «Stattdessen sind leichte Bewegungen empfehlenswert», betont Preibsch. Spaziergehen beispielsweise rege die Durchblutung an und tue dem Rücken gut. Auch ein Training auf einem Fahrradergometer oder auf einem Crosstrainer trägt laut Preibsch dazu bei, die Muskeln zu lockern. Joggen dagegen belaste die Wirbelsäule zu stark.

 

Wer Rückenbeschwerden im Allgemeinen und einem Hexenschuss im Besonderen vorbeugen will, sollte möglichst viel Bewegung in den Alltag integrieren. Im Büro kann es hilfreich sein, zwischendurch statt auf einem Stuhl am Schreibtisch an einem Stehpult zu arbeiten, so Preibsch. Statt einen Kollegen, der im selben Haus arbeitet, anzurufen oder eine E-Mail zu schicken, kann man auch zu ihm gehen und ihm die Info persönlich übermitteln.

 

Damit die Rückenmuskulatur bei einer überwiegend sitzenden Tätigkeit nicht verspannt, sollte man zwischendurch immer mal wieder Arme und Beine kräftig dehnen und strecken. In den Büroalltag ließen sich auch andere einfache Übungen integrieren, die die Rückenmuskeln trainieren und die Lendenwirbelsäule dehnen. «Dazu gehört etwa, sich aufrecht hinzustellen und das Becken einige Male kreisend zu bewegen», sagt Lynen.

 

Nach längeren Autofahrten trägt zur Muskellockerung bei, sich auf die Zehenspitzen zu stellen, die Beine anzuspannen und dann abwechselnd nach vorn und zurück zu schwingen. «In der Freizeit kann etwa auch ein Krafttraining in einem Fitnessstudio hilfreich sein, um die Rückenmuskulatur zu trainieren», sagt Nazemi. (ke)

  

06.07.2017 l PZ/dpa

Foto: Fotolia/Stasique